Papst Franziskus zum inter-religiösen Dialog

"Eine Haltung der Offenheit in der Wahrheit und in der Liebe muss den interreligiösen
Dialog mit den Angehörigen der nicht christlichen Religionen kennzeichnen [...]. Dieser interreligiöse Dialog ist eine notwendige Bedingung für den Frieden in der Welt und darum eine Pflicht für die Christen wie auch für die anderen Religionsgemeinschaften."

 

(Quelle: Apostolisches Schreiben. Evangelii gaudium. 2013. Zeilen 250ff.)

 

 

Gibt es die eine wahre Religion?
Hans Küng (Religionsphilosoph, 1987)

 

»Auch Christen können nicht beanspruchen, ihn, den Unbegreiflichen zu begreifen, ihn, den Unerforschlichen, erfasst zu haben. Auch im christlichen Glauben erkennen wir nach Paulus die Wahrheit selbst, die Gott ist, in rätselhaften Umrissen, bruchstückhaft, facettenhaft, abhängig von unserem ganz bestimmten Standpunkt und Zeitpunkt. ]a, auch die Christenheit ist in via<‚ auf dem Weg: >Ecclesia peregrinans, homines viatores.< Und wir sind auf dem Weg nicht allein, sondern mit Abermillionen anderer Menschen aus allen möglichen Konfessionen und Religionen, die ihren eigenen Weg gehen, aber mit denen wir je länger desto mehr in einem Kommunikationsprozess stehen, wo man sich nicht um Mein und Dein, meine Wahrheit deine Wahrheit, streiten sollte; wo man vielmehr, unendlich lernbereit,

von der Wahrheit der anderen aufnehmen und von seiner eigenen Wahrheit neidlos mitteilen sollte.

 

Wohin aber, wird mancher fragen, wird das alles führen? Die Geschichte ist nach vorne offen, und nach vorne offen ist auch der interreligiöse Dialog, der, anders als der interkonfessionelle, gerade erst begonnen hat wie die Christologie, Koranologie oder Buddhologie, wie die Kirche, die Umma, der Sangha des Jahres 2087 aussehen wird, wer weiß das?

 

Sicher, was die Zukunft betrifft, ist nur das eine: am Ende sowohl des Menschenlebens wie des Weltenlaufs werden nicht Buddhismus oder Hinduismus stehen, aber auch nicht der Islam und nicht das Judentum. Ja, am Ende steht auch nicht das Christentum. Am Ende wird überhaupt keine Religion stehen, sondern steht der eine Unaussprechliche Selbst, auf den alle Religion sich richtet, den auch die Christen erst dann, wenn das Unvollkommene dem Vollkommenen weicht, ganz so erkennen, wie sie selbst erkannt sind: die Wahrheit von Angesicht zu Angesicht. Und am Ende steht so zwischen den Religionen nicht mehr trennend ein Prophet oder ein Erleuchteter, steht nicht Mohammed und nicht der Buddha. Ja, auch der Christus Jesus, an den die Christen glauben, steht hier nicht mehr trennend. Sondern er, dem nach Paulus dann alle Mächte (auch der Tod) unterworfen sind, unterwirft sich dann Gott, damit Gott selbst oder wie immer man ihn im Osten nennen mag - wahrhaft nicht nur in allem, sondern alles in allem sei. (1. Kor. 15,28)

 

(Quelle: Hans Küng (1987): Theologie im Aufbruch. S. 305 f. Piper Verlag GmbH. München)